Besuch im „Ankunftszentrum Tegel“
Erzbischof Koch und Bischof Stäblein machen sich ein Bild von der aktuellen Situation.
Erzbischof Dr. Heiner Koch und Bischof Dr. Christian Stäblein haben am 12. Februar 2025 das „Ankunftszentrum Tegel“ besucht, um sich selbst ein Bild von der aktuellen Situation der dort untergebrachten Geflüchteten machen zu können. Im Gespräch mit Betroffenen und Mitarbeitenden wurde deutlich, vor welchen großen Herausforderungen die Menschen und die Verantwortlichen des Zentrums stehen. Sie würdigten die große Verantwortung, die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) als Träger der Wohlfahrtspflege wahrnimmt. Koch und Stäblein anerkennen gleichfalls den Anspruch Berlins, eine menschenfreundliche und weltoffene Stadt zu sein. In den Gesprächen vor Ort interessierten sich die Bischöfe insbesondere dafür, welche Perspektiven das „Ankunftszentrum“ hat und wie die Bedingungen verbessert werden können. Sie warben für ausreichend Platz für die gesundheitliche Versorgung und für Bildungsangebote für Kinder. Die Kirchenvertreter boten an, nach ihren Möglichkeiten unterstützend tätig zu sein und den Menschen beizustehen.
Erzbischof Koch: „Besonders bedrückend empfinde ich die Berichte von Eltern, deren Kinder seit Monaten in diesen beengten Verhältnissen leben müssen. Ein strukturierter Zugang zu Bildungs- und Betreuungsangeboten ist nur erschwert möglich. Hier sehe ich den größten Bedarf an Verbesserung, wir dürfen den Kindern nicht ihre Zukunft verbauen.“
Bischof Stäblein: „Neben der körperlichen Gesundheit ist vor allem die seelische Verfassung der Menschen besorgniserregend. Traumatisierte Kinder und Erwachsene benötigen dringend mehr Unterstützung, damit sie nach Flucht und Entwurzelung wieder Hoffnung und Stabilität finden können. Als Kirchen stehen wir in der Verantwortung, uns für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einzusetzen. Die Bibel lehrt uns: ‚Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan‘ (Mt 25,40). Diese Worte verpflichten uns dazu, unsere Stimme für diejenigen zu erheben, die keinen sicheren Ort und keine Perspektive haben.“
Begleitet wurden die Bischöfe von der Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO), Dr. Ursula Schoen und der Direktorin des Caritasverbands für das Erzbistum Berlin, Prof. Dr. Ulrike Kostka.
Diakonie-Direktorin Dr. Ursula Schoen: "Das Ankunftszentrum in Tegel ist von den Einrichtungen der Berliner Wohlfahrtsverbände professionell und nach menschenwürdigen Standards als vorübergehende Notunterkunft eingerichtet worden. Faktisch bleiben die Geflüchteten dort nun mehrere Monate bis zu zwei Jahre. Die Menschen leben in Tegel praktisch extrem isoliert. In diesem unerwünschten Dauerzustand braucht es vor Ort einen bestmöglichen Ausbau jeglicher Maßnahmen zur Integration in die Berliner und Brandenburger Gesellschaft. Der Senat muss das Ankommen von Kindern und Jugendlichen im regulären Bildungssystem ganz konkret unterstützen, eine proaktive Beratung durch das Jobcenter erwirken, eine umfängliche psychosoziale Begleitung fördern. Wir brauchen keine ständigen Forderungen nach einem Ausbau dieser Notunterkünfte. Wir brauchen jetzt eine mutige Regierung, die auf diesen Dauerzustand mit umfänglichen Integrationsmaßnahmen und auf ausgrenzende Ressentiments mit stabilen Wohnformen im ganzen großen Stadtgebiet antwortet. Nur Begegnung schafft Akzeptanz. Verstecken schürt Vorurteile."
Caritas-Direktorin Prof. Dr. Ulrike Kostka: „Die Notunterkunft am Flughafen Tegel war als Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete geschaffen worden, wo die Menschen nur für eine kurze Zeit verbringen sollten. Jetzt ist sie ein Dauerprovisorium, das für die Bevölkerung unsichtbar ist und wo Menschen viele Monate – ja sogar Jahre leben müssen. Trotz aller Bemühungen des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und der Hilfsorganisationen sind die Menschen von Teilhabe ausgeschlossen. Dieser Zustand ist nicht länger haltbar. Das Wohl von Kindern, Familien und auch Alleinreisenden steht auf dem Spiel. Hier muss die Politik dringend handeln und diesen Zustand beenden.“
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