Sparpolitik setzt Familien unter Druck
Wohlfahrtsverbände und Wirtschaft zu Sparplänen der Brandenburger Landesregierung
Potsdam, 14.04.2025 – Die Freien Wohlfahrtsverbände sind alarmiert angesichts der aktuellen Sparpläne der Landesregierung. Bei der Kindertagesbetreuung, der Familien- und Schwangerenberatung sowie in der Pflege weist der aktuelle Entwurf des Landeshaushalts empfindliche Kürzungen auf. Die LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände fordert die Landesregierung auf, die Kürzungen rückgängig zu machen. Unterstützt wird sie dabei von den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg (UVB).
Mit einer Kampagne macht die LIGA ab heute gegen die Sparpläne mobil - unter anderem mit Plakataktionen und Aufrufen in den sozialen Medien. Unter dem Motto „Nö! Da kannste nich kürzen“ setzen die Wohlfahrtsverbände einen Kontrapunkt zur Imagekampagne. Das Land wirbt mit dem Slogan „Da kannste nich meckern“.
Die Kürzungspläne der Landesregierung sind umfangreich. So soll die bereits 2023 vom Brandenburger Landtag beschlossene Verbesserung der Personalschlüssel in der Krippe zurückgenommen werden. Eine Betreuungsperson in der Krippe soll nun weiterhin für durchschnittlich 4,25 Kinder zuständig sein. Geplant waren vier Kinder.
Der Personalschlüssel ist als rein rechnerischer Wert angesetzt. In der Praxis betreut das Kita-Personal deutlich mehr Kinder, da Krankheit, Urlaub und lange Betreuungszeiten nicht berücksichtigt werden.
Die Finanzierung verlängerter Betreuungszeiten von mehr als 40 Wochenstunden will die Landesregierung ab 2026 sogar ersatzlos streichen. Dabei ist der Bedarf anhaltend hoch: Ein Bericht des Landesamtes für Statistik zeigt, dass 2024 über zwei Drittel der Kinder in Krippe und Kindergarten mehr als 40 Wochenstunden in den Einrichtungen betreut wurden. Entfällt die anteilige Förderung der verlängerten Betreuungszeiten, haben die Träger keine Möglichkeit mehr, das notwendige Personal zu bezahlen. Es drohen verkürzte Öffnungszeiten der Kitas.
Die Schwangerenberatung, insbesondere in Konfliktsituationen, ist eine Pflichtaufgabe des Staates. Seit 2022 ist sie in Brandenburg unterfinanziert, erste Beratungsstellen haben bereits geschlossen. Der Haushaltsentwurf sieht auch für 2025/26 keine Entlastung vor. Ähnlich steht es um die Finanzierung der Familienzentren: Die Landesförderung soll um 400.000 Euro reduziert werden. Dadurch sind elf Familienzentren in Brandenburg von der Schließung bedroht. Familien können sich keinen Rat mehr holen.
Schließlich will die Landesregierung die Mittel für den Pakt für Pflege in den nächsten beiden Jahren deutlich kürzen. Neun Millionen Euro stehen für zwei Jahre zur Verfügung. Notwendig wären allein 13,7 Millionen Euro für die Finanzierung der Teilpakete zur Pflege vor Ort, zur Pflegestrukturplanung und für die Pflegestützpunkte.
LIGA-Vorstandsvorsitzender und Vorstand des Paritätischen Brandenburg Andreas Kaczynski: „Brandenburg setzt die Familien unter Druck. Wer Kinder hat oder Angehörige betreut, ist direkt von den Sparplänen betroffen. Mit diesem Haushalt setzt das Land sein flächendeckendes Angebot mit familien- und wirtschaftsfreundlichen Betreuungszeiten und strategisch aufgebauten Pflegestrukturen aufs Spiel. Gerade der Brandenburger Pflegepakt gilt heute als bundesweites Erfolgsmodell. Er ermöglicht älteren Menschen, länger zu Hause zu leben und in den eigenen Räumen gepflegt zu werden. Die Pflege in vollstationären Heimen wird die Gesellschaft langfristig deutlich teurer zu stehen kommen.“
Andrea Asch, Vorständin Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e. V.: „Anders, als es sich Brandenburg mit markigen Marketingsprüchen auf die Fahne schreibt, müssen wir als Freie Wohlfahrtsverbände mit Blick auf den Brandenburger Haushalt doch meckern und sagen: ‚Da kannste nicht kürzen!‘. Wenn Brandenburg weiterhin für junge Familien attraktiv sein möchte, braucht es eine solide Finanzierung der Beratungsstellen rund um die Themen Schwangerschaft, Kinderwunsch und Familienplanung. Brandenburg ist ein Flächenland, das eine gute und breit aufgestellte Beratung braucht. In acht Regionen mussten Beratungsstellen bereits ihre Leistungen einschränken oder ganz schließen. Notwendig ist also in Brandenburg die seit 2022 überfällige Erhöhung der Förderung für die Schwangeren(konflikt)beratungsstellen. Wir dürfen die Menschen in Notsituationen nicht allein lassen.”
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB): „Einsparungen bei der frühkindlichen Bildung und Betreuung sind aus Sicht der Wirtschaft nicht nur schmerzlich, sondern auch kurzsichtig. Eine gezielte Unterstützung schon sehr kleiner Kinder stärkt nachweislich ihre Entwicklung und ihre Chancen auf gute Leistungen in der Schule. Wie gut Brandenburg mit den Veränderungen in der Arbeitswelt zurechtkommt, entscheidet sich ein Stück weit auch an den Öffnungszeiten der Kitas. Sie sind der entscheidende Hebel dafür, wie stark Eltern am Erwerbsleben teilhaben können. Trotz der aktuell schwachen Wirtschaftslage fehlen in vielen Branchen qualifizierte Männer
und Frauen. Wenn die Landesregierung an den nötigen Öffnungszeiten spart, werden die Firmen dies direkt im Personalbestand spüren. Das darf nicht sein.“
Hintergrund
Die Brandenburger Verbände der Freien Wohlfahrtspflege repräsentieren einen erheblichen Teil der Träger von Kindertageseinrichtungen in Brandenburg. Insgesamt sind in den Einrichtungen der Brandenburger Wohlfahrtsverbände rund 70.000 Beschäftigte in den Bereichen der Kindertagesbetreuung, Behinderten, Jugend und Altenhilfe sowie der Pflege tätig. Mehr unter: www.liga-brandenburg.de
Pressekontakt
Oliver Bendzko
Referent LIGA der Freien Wohlfahrtspflege - Spitzenverbände im Land Brandenburg
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