Schwangerschafts(konflikt)beratung
Schwangerschaftsberatungsstellen haben per Gesetz einen spezifischen, von anderen Hilfesystemen deutlich unterscheidbaren Auftrag zu erfüllen. Mit einem niedrigschwelligen Angebot – auf Wunsch anonym – und den Besonderheiten ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung (nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz SchKG) tragen Schwangerschaftsberatungsstellen in mehrfacher Hinsicht dazu bei, Familien in ihrer Kompetenz zu stärken, Kinder in Geborgenheit anzunehmen und verantwortungsvoll zu erziehen.
Jede Frau und jeder Mann hat das Recht, sich zu den Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle auf Wunsch anonym informieren und beraten zu lassen.
Der Anspruch auf Beratung umfasst Informationen über:
- Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung,
- bestehende familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien, einschließlich der besonderen Rechte im Arbeitsleben,
- Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft und die Kosten der Entbindung,
- soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, insbesondere finanzielle Leistungen sowie Hilfen bei der Suche nach Wohnung, Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder deren Erhalt,
- die Hilfsmöglichkeiten für behinderte Menschen und ihre Familien, die vor und nach der Geburt eines in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheit geschädigten Kindes zur Verfügung stehen,
- die Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, die physischen und psychischen Folgen eines Abbruchs und die damit verbundenen Risiken,
- Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft,
- die rechtlichen und psychologischen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit einer Adoption.
Dieses Beratungsangebot – auch wenn es die Mehrzahl der ratsuchenden Frauen (und begleitenden Männer) in den ersten Monaten einer Schwangerschaft nutzt, erstreckt sich prinzipiell von der Schwangerschaft bis zur Beendigung des 3. Lebensjahres des Kindes. Die Schwangerschaftsberatungsstelle eröffnet den Klientinnen und Klienten frühzeitig einen Zugang zu vielfältigen und umfangreichen Beratungs- und Unterstützungsangeboten, die es ermöglichen, schwierige finanzielle und persönliche Umfeldbedingungen für das erwartete Kind konkret zu verbessern und somit Gefährdungsmomente zu verringern.
Schwangerschaftskonfliktberatung
Frauen, die einen Abbruch ihrer Schwangerschaft wünschen oder sich in dieser Frage noch unsicher sind, nutzen die Schwangerschaftskonfliktberatung. Ziele, Inhalte und Durchführung der Pflichtberatung sind in § 219 StGB geregelt und in den §§ 5 bis 7 SchKG näher ausgeführt. Die Beratung „dient dem Schutz des ungeborenen Lebens“ und hat sich „von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen“. Das Gespräch ist „ergebnisoffen zu führen“. Von der Schwangeren wird erwartet, dass sie der Beraterin die Gründe für einen erwogenen Schwangerschaftsabbruch mitteilt, ihre Gesprächsbereitschaft darf aber nicht erzwungen werden. Nach Abschluss der Beratung wird der Schwangeren eine Bescheinigung über die erfolgte Beratung ausgestellt. Meist steht der Entschluss aus individuellen, meist gut nachvollziehbaren Gründen bei den betroffenen Frauen bereits vor der Beratung fest. Etwa ein Viertel der Ratsuchenden ist sich nicht sicher. Zukunftsängste, Überforderung, Partnerschaftsprobleme, finanzielle Notlagen, Befürchtung einer kindlichen Schädigung, eine bereits abgeschlossene Familienplanung oder eine noch nicht abgeschlossene Ausbildung bilden die häufigsten Ursachen für einen Abbruch.
Sexualpädagogische Arbeit
Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld der Schwangerschaftsberaterinnen bildet die sexualpädagogische Arbeit. Vor dem gesellschaftlichen Hintergrund von Enttabuisierung und Kommerzialisierung von Sexualität brauchen besonders pubertierende Jugendliche eine Sexualpädagogik mit ganzheitlichem Ansatz. Die Fragen rund um eine ungewollte Schwangerschaft und die Wahl der „richtigen“, individuellen Verhütungsmethode stehen dabei im Mittelpunkt und stoßen in der Altersgruppe ab der sechsten Klasse auf ein reges Interesse.